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OLG Köln gibt Indizien für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung

Urteil des OLG Köln vom 28.02.2020 Az. 6 U 238/19

Seit langem wird über den Gesetzesentwurf zum Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb diskutiert. Hiermit sollen rechtsmissbräuchliche Abmahnung zukünftig deutlich erschwert werden. Zugleich soll der faire Wettbewerb gestärkt werden. Ein Mittel, um dieses Ziel zu erfüllen, ist laut dem neuen Gesetzesentwurf die Verschärfung der Anforderungen an die Aktivlegitimation. So sollen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zukünftig nur solche Mitbewerber zur Abmahnung berechtigt sein, die Waren und Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben. Die Formulierung soll vor allem Scheingeschäfte als Abmahner ausschließen, deren vorrangiges Geschäftsziel es ist Konkurrenten wegen mutmaßlichen unlauteren Wettbewerbes abzumahnen.

Bisher ist die Reform des UWG noch nicht in Kraft getreten (Stand Dezember 2020). Dennoch haben viele Unternehmer damit zu kämpfen, dass sie von mutmaßlichen Wettbewerbern abgemahnt werden, ohne dass tatsächlich ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den beiden Unternehmen besteht. Am 28.02.2020 beschäftigte sich das OLG Köln genau mit dieser Problematik (OLG Köln vom 28.02.2020 – Az. 6 U 238/19).

 Das OLG stellt in diesem Urteil Indizien auf, die an einem Wettbewerbsverhältnis Zweifel erwecken können.

Indizien einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung auf einem Blick

  • Überhöhter Gegenstandswert der Abmahnung;
  • der Verstoß hat für den Wettbewerber nur geringfügige Bedeutung;
  • das abmahnende Unternehmen hat keine oder nur geringste Überschneidungen mit den Angeboten des Abgemahnten;
  • das Ziel der Abmahnung ist sachfremd.

Sachverhalt

Der Kläger machte in diesem Falle vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend, die für die Verteidigung gegen eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung entstanden sind.

Der Kläger betreibt eine Webseite, die sich auf Futtermittel und sonstiges Zubehör insbesondere für Geckos spezialisierte. Teil des Sortiments waren auch Nahrungsergänzungsmittel für die Tiere. Der Beklagte bietet auf verschiedenen Online-Plattformen die unterschiedlichsten Waren an. Darunter befanden sich neben Karnevalskostümen und Parfum auch verschiedene Utensilien für die Pflege von Haustieren. Zudem bietet der Beklagte auch Nahrungsergänzungsmittel für Menschen an.

Grund der Abmahnung war, dass der Kläger eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendete, was ein unlauteres Handeln darstellt und eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung nach sich ziehen kann.

Hinsichtlich des Wettbewerbsverhältnis wurde vorgetragen, dass beide Parteien Nahrungsergänzungsmittel anböten. Neben der strafbewehrten Unterlassungserklärung forderte der Beklagte Abmahnkosten in Höhe von 887,02 EUR ausgehend von einem Streitwert von 10.000 EUR.

Der Kläger war der Meinung, dass die Abmahnung unberechtigt gewesen sei und zudem rechtsmissbräuchlich. Im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung sind dem Abgemahnten die zur Verteidigung erforderlichen Anwaltskosten zu erstatten. Ein Grund, aus dem die Abmahnung rechtsmissbräuchlich sein sollte, sei, dass die Parteien schon in keinen Wettbewerbsverhältnis stünden.  

Das OLG Köln bejahte hier die rechtsmissbräuchliche Abmahnung.

Gründe

Grundsätzlich stellte das OLG fest, dass die Frage, ob Rechtsmissbrauch vorliegt immer aus den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden ist. Entscheidend seien hier zunächst die Motive und Zwecke hinsichtlich der Geltendmachung des Anspruchs, die sich meist aus den äußeren Umständen ergeben. Hierzu ist auch auf den Umfang des Wettbewerbsverstoßes abzustellen sowie das Verhalten des Abgemahnten und des Anspruchsberechtigten.

Ein erstes Indiz, dass für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung spricht, ist wenn, der Gegenstandswert der Abmahnung (an dem sich die Anwaltskosten orientieren), überhöht ist. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Abmahnende keine nennenswerten wirtschaftlichen oder wettbewerbspolitischen Interessen an der Rechtsverfolgung hat. Das OLG stellt in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des BGH ab, welche die Sicht eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers heranzieht (BGH GRUR 2001, 260, 261).

Weiterhin waren in diesem Fall Gründe die für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung sprachen:

Die Art und die Schwere des Verstoßes stellten für den Wettbewerber eine geringfügige Beeinträchtigung dar. Zwar hat eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung für den Verbraucher entscheidende Bedeutung, für den Wettbewerber stellt sie aber nur eine geringfügige Beeinträchtigung dar.

 Der Gegenstandswert von 10.000 EUR für eine vorhandene, aber fehlerhafte Widerrufsbelehrung erscheint als überhöht.

Der Abmahnende stellt keinen konkreten Mitbewerber dar, weshalb der Mitbewerber nicht betroffen ist. So ist etwa der Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln für Tiere nicht mit einem Unternehmen in Konkurrenz, dass Nahrungsergänzungsmittel für Menschen vertreibt. Das Geschäftsfeld beider Unternehmen überschneidet sich nur marginal. Entscheidender Zeitpunkt hierfür ist der Zeitpunkt der Abmahnung. Im vorliegenden Fall des OLG, vertrieb der Abmahnende verschiedenste Produkte, darunter Nahrungsergänzungsmittel. In diesem Umstand allein sah das OLG noch kein bestehendes Wettbewerbsverhältnis.

Zusammenfassung & Ausblick

Die wettbewerbsrechtliche Abmahnung behält weiterhin ihren Anspruch als marktregelndes Instrument eingesetzt zu werden. Durch dieses Urteil des OLG wurden jedoch entscheidende Indizien festgestellt, anhand derer ein Unternehmer erkennen kann, ob die Abmahnung gerade rechtsmissbräuchlich ausgesprochen wurde. Das wettbewerbsrechtliche Ziel der Marktregulierung muss bei einer Abmahnung stehts erkennbar bleiben.

Unternehmer die zukünftig eine Abmahnung wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens erhalten, sollten nicht nur darauf achten, ob der Wettbewerbsverstoß begangen wurde, sondern auch von wem der Verstoß gerügt wurde. Für die Beurteilung im Einzelfall, ist der fachkundige Rat eines Rechtsanwalts heranzuziehen. Abmahnungen, welche ein sachfremdes Ziel verfolgen und rechtsmissbräuchlich sind, können meist bereits außergerichtlich verteidigt werden. Kosten für die Verteidigung sind von der Seite zu tragen, die rechtsmissbräuchlich abgemahnt haben.

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