Der „Lockdown light“ setzt die Wirtschaft gerade in die aktuellen Vorweihnachtszeit vor erhebliche Herausforderungen. Gastronomie und Kultureinrichtungen bleiben weiterhin geschlossen und aktuell ist nicht absehbar, wann ein Ende dieses Zustandes erreicht werden kann. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen mit Auftrags- und damit einhergehenden Umsatzrückgängen zu kämpfen haben. Diese Umstände wirken sich auch auf den Arbeitsmarkt aus, so befanden sich laut Schätzungen des ifo Instituts im Oktober 2020 ca. 3,29 Millionen Personen in Kurzarbeit. Für Unternehmen heißt das unter anderem, Stellenabbau rückt näher in den Fokus der Problemlösung.
Nachfolgender Artikel beschäftigt sich mit den wichtigsten Fragen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber zurzeit beschäftigen könnten.
Darf mir mein Arbeitgeber trotz Kurzarbeit kündigen?
Die schnelle Antwort hierauf lautet: JA! Selbst wenn Sie sich gerade in Kurzarbeit befinden kann der Arbeitgeber sie betriebsbedingt kündigen. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits 2012 entschieden, dass die Kurzarbeit nicht zwangsweise vor einer betriebsbedingten Kündigung schützt (BAG NZW 2012, 852).
Was muss der Arbeitgeber bei einer Kündigung in Kurzarbeit beachten?
Nicht jede betriebsbedingte Kündigung ist aber gleich wirksam. Arbeitgeber müssen hier eine Reihe von unterschiedlichen Anforderungen beachten. So hat sich der Arbeitgeber zunächst mit dem Betriebsrat abzustimmen, wenn alle Zeichen auf Personalabbau stehen. Gemeinsam mit dem Betriebsrat hat der Arbeitgeber einen Interessensausgleich zwischen Arbeitnehmern und Unternehmenssituation zu schaffen. In diesem Zusammenhang ist auch ein Sozialplan auszuarbeiten. Dieser berücksichtig unter Anderem, Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten usw. des jeweiligen Arbeitnehmers.
Welche Möglichkeiten hat der Betriebsrat gegen den geplanten Mitarbeiterabbau?
Sollte der Betriebsrat zu der Entscheidung kommen, dass der vom Arbeitgeber angestrebte Personalabbau nicht gerechtfertigt ist, hat er die Möglichkeit gegen die Entscheidung eine einstweilige Verfügung anzustreben. In diesem Fall muss er im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren eine eilbedürftige einstweilige Verfügung beantragen (§§ 85 Abs. 2 ArbGG; 935 ff. ZPO).
Wann ist eine Massenentlassung bei der Agentur für Arbeit anzuzeigen?
Die Grenzwerte für eine Anzeige der „Massenentlassung“ bei der Agentur für Arbeit finden sich in § 17 KSchG. Hiernach ist eine solche Anzeigepflicht vorgeschrieben, wenn in Betrieben zwischen 20 – 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer entlassen werden sollen. Bei Betrieben zwischen 60 – 500, wenn mehr als 10 % oder mehr als 25 Arbeitnehmer entlassen werden sollen oder bei Betrieben von mehr als 500 Mitarbeitern, wenn mehr als 25 Arbeitnehmer entlassen werden sollen.
Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam?
Neben der Beteiligung des Betriebsrats und der Anzeige der Massenentlassung bei der Agentur für Arbeit, müssen auch die Anforderungen des § 1 Abs. 1 und 2 KSchG erfüllt sein, damit eine Kündigung wirksam wird. Somit ist eine Kündigung unwirksam, wenn sie sozial nicht gerechtfertigt werden kann.
Weiterhin muss Ihr Arbeitgeber nachweisen, dass Ihr Arbeitsplatz endgültig weggefallen ist. Sollte Ihr Arbeitgeber Kurzarbeit bereits eingeführt haben, reicht dies allein nicht aus. Vielmehr sind weitere inner- oder außerbetriebliche Gründe erforderlich, die darauf hinweisen, dass Ihr Arbeitsplatz dauerhaft wegfällt. Der Wegfall des Arbeitsplatzes darf dabei auch nicht nur vorübergehend sein, sondern voraussichtlich dauerhaft. Aktuell stellt aber die Aussage, dass der Wegfall von Arbeitsplätzen durch die Coronakrise und somit von außen bedingt ist, für Arbeitgeber keine gute Strategie dar. Wenn Ihr Arbeitgeber die betriebsbedingte Kündigung mit Auftragsausfall, Umsatzrückgang und Gewinneinbußen rechtfertig, riskiert er, dass die Arbeitsgerichte dies nicht genügen lassen. Die Gerichte prüfen nämlich zum einen ob die Gründe tatsächlich vorliegen, zum anderen aber auch, ob sich diese Umstände auch auf den Beschäftigungsbedarf auswirken. So kann es dazu kommen, dass das Arbeitsgericht feststellt, dass Ihr Arbeitgeber andere Maßnahmen hätte ergreifen müssen, die den Wegfall des Arbeitsplatzes vermeidet.
Die Kurzarbeit wird von den Arbeitsgerichten als ein Indiz gesehen, dass gegen den dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes spricht. Mithin sind hier die Chancen in einem etwaigen Kündigungsschutzverfahren recht hoch anzusehen.
Wann greift für mich ein Sonderkündigungsschutz?
Der Kündigungsschutz nach Kündigungsschutzgesetz greift für Sie, wenn Sie in einem Betrieb mit mehr als 10 dauerhaft angestellten Mitarbeitern beschäftigt sind. Zudem müssen Sie Ihrer Beschäftigung bereits seit mehr als 6 Monaten nachkommen.
Zudem können individuelle- und kollektivrechtliche Vereinbarungen einen besonderen Kündigungsschutz während der Kurzarbeit vorsehen. Um Kurzarbeit generell einführen zu können benötigt der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrates, der Gewerkschaften oder jeden einzelnen Mitarbeiters. In diesen Vereinbarungen können betriebsbedingte Kündigungen während der Dauer der Kurzarbeit ausgeschlossen werden. Ausgeschlossen ist dies nur, solange der gesamte Unternehmensbetrieb nicht geschlossen wird.
Was passiert bei einer Kündigung während der Kurzarbeit?
Die wohl wichtigste Wirkung einer Kündigung innerhalb der Kurzarbeit ist, dass damit der Anspruch auf Kurzarbeitergeld entfällt. Hintergrund ist der, dass der Zweck der Kurzarbeit nicht mehr gegeben ist und zwar, den Arbeitsplatz zu sichern. Damit wird auch wieder der Anspruch auf Lohn gegen den Arbeitgeber relevant. Denn sobald die Voraussetzungen für die Kurzarbeit wegfallen, sind die Regelungen des Arbeitsvertrages wieder im Vordergrund. Das heißt, Sie als Arbeitnehmer sind verpflichtet wieder im normalen Umfang zu arbeiten und erhalten dafür auch die volle Vergütung laut Arbeitsvertrag.
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
- Kurzarbeit und Kündigung schließen sich nicht aus.
- Ausnahmen zum zeitweiligen Kündigungsverbotes können individuell vereinbart werden.
- Die allgemeinen Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes finden auch in der Kurzarbeit Anwendung.
Sie haben eine Kündigung erhalten obwohl Sie in Kurzarbeit sind?
Arbeitnehmer, die, während Sie in Kurzarbeit sind müssen schnell reagieren. Die Überprüfung, ob die Kündigung rechtmäßig ist, hat innerhalb von drei Wochen zu erfolgen. Nach Ablauf dieser Frist können Sie kein Kündigungsschutzverfahren mehr anstreben.
Für ein kostenfreies und unverbindliches Erstgespräch stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.