Wie zu erwarten war, bringt die Corona-Pandemie eine Flut an gerichtlichen Entscheidungen mit sich. So sind gerade die Fälle mit Corona-Bezug im Reiserecht, aber auch im Arbeitsrecht zu finden, da hier häufig gestritten wird, was nun Recht ist und was nicht. So auch im Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.04.2021 Az. 8 Ca 7334/20, das Thema dieses Beitrages sein soll. Hier hat das Arbeitsgericht Köln die Kündigung wegen einer behördlichen Quarantäneanordnung für sittenwidrig erklärt.
Worum geht es?
Ein Arbeitnehmer war Kontaktperson eines Corona-Infizierten. Daraufhin wurde der Arbeitnehmer auf behördliche Anordnung in häusliche Quarantäne geschickt (abgesondert). Der Arbeitnehmer teilte diese behördliche Anordnung auch seinem Arbeitgeber mit, dieser glaubte aber seinem Arbeitnehmer nicht und forderte ihn auf zur Arbeit zu erscheinen. Der Arbeitnehmer hielt sich an die häusliche Quarantäne und verweigerte den Gang zur Arbeit.
Das bisherige Geschehen spielte sich einzig telefonisch zwischen den Parteien ab. Der Arbeitgeber vermutete, dass sein Arbeitnehmer sich vor der Arbeit drücken wolle und als Begründung eine Quarantäne vorschiebe. Daraufhin forderte der Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer eine schriftliche Bestätigung der Quarantäneanordnung. Die schriftliche Bestätigung des zuständigen Gesundheitsamtes ließ jedoch auf sich warten. Für den Arbeitgeber scheinbar zu lang, denn dieser kündigte seinen Arbeitnehmer.
Vorgehen des Arbeitnehmers
Gegen die Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer und zog vor das Arbeitsgericht Köln. Das Mittel seiner Wahl war hier die Kündigungsschutzklage. Diese legte er innerhalb der drei Wochenfrist beim zuständigen Arbeitsgericht ein.
Interessant hierbei war, dass der Betrieb des Arbeitgebers nicht die Voraussetzungen des KSchG erfüllte (mehr als 10 Mitarbeiter), weshalb das Kündigungsschutzgesetz nicht zur Anwendung kommt. Das heißt, der Arbeitgeber braucht grundsätzlich keinen Kündigungsgrund, damit die Kündigung rechtswirksam ist. Eine Kündigungsschutzklage kann in diesem Fall dennoch eingelegt werden. Für den Arbeitnehmer auch mit Erfolg, denn das Arbeitsgericht Köln gab dem Arbeitnehmer recht, die Kündigung war unwirksam.
Begründung des Gerichts
Das Gericht stellte fest, auch wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, der Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen geschützt sein müsste. Aus § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) und § 242 BGB (Grundsatz Treu und Glauben) ergebe sich ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme, dass durch den Arbeitgeber gewahrt werden muss. Danach verstoßen Kündigungen, die willkürlich sind, oder aus sachfremden Motiven ausgesprochen werden, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Solche Kündigungen sind auch in Kleinbetrieben unzulässig.
Erschwerend kam für das Gericht hinzu, dass der Arbeitgeber dennoch forderte, dass sein Arbeitnehmer auf Arbeit erscheint.
Bedeutung und weitere Entwicklung
Im zuweilen sehr aufgewühlten Arbeitsmarkt stellt diese Entscheidung eine Stärkung der Arbeitnehmer aus Kleinbetrieben dar. Obwohl das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, sind Arbeitnehmer hinsichtlich willkürlicher Kündigungen geschützt und können sich wehren. Man muss sich also nicht davor fürchten das, wenn man in häusliche Quarantäne muss, gleich der Verlust des Arbeitsplatzes droht.
Mit Sicherheit werden auch zukünftig weitere Urteile in diesem Bereich zu erwarten sein. Das hier besprochene Urteil ist auch noch nicht rechtskräftig, steht aber stellvertretend für einen zu begrüßenden Schutz von Arbeitnehmern in Zeiten der Corona-Pandemie.
Haben Sie auch eine Kündigung erhalten und wollen diese prüfen lassen? Kontaktieren Sie mich und wir sprechen die nächsten Schritte gern gemeinsam durch.