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Wahlwerbung und Datenschutz: Warum bekomme ich Post von Parteien?

Wahlwerbung und Datenschutz: Warum bekomme ich Post von Parteien?

Wahlwerbung und Datenschutz: Warum bekomme ich Post von Parteien?

Der Bundestagswahlkampf 2025 läuft auf Hochtouren, und mein Briefkasten füllt sich – nicht nur mit Wahlprogrammen, sondern auch mit persönlich adressierten Schreiben von Parteien, die um meine Stimme werben. Ich habe mich gefragt: Woher haben die Parteien eigentlich meine Adresse? Ist das erlaubt? Und wenn ich keine Wahlwerbung möchte – wie kann ich mich dagegen wehren?

Hier sind meine Antworten – verständlich, aber mit Blick auf die rechtlichen Details.

Plakate, TV-Spots & Co.: Keine Datenschutzprobleme

Wahlplakate an Laternen, Werbespots im Fernsehen und Radio – all das sind bewährte Mittel der Wahlwerbung. Datenschutzrechtlich gibt es daran nichts zu beanstanden, denn hierbei werden keine personenbezogenen Daten verarbeitet.

Doch sobald Parteien mir persönlich adressierte Briefe schicken, wird es komplizierter.

Adressierte Wahlwerbung: Woher haben Parteien meine Adresse?

Wenn ich Post von einer Partei erhalte, die mich direkt anspricht, kann die Adresse aus zwei Hauptquellen stammen:

Melderegisterauskunft nach § 50 Abs. 1 BMG

Parteien dürfen sechs Monate vor einer Wahl bei der Meldebehörde Daten von Wahlberechtigten abfragen. Diese Daten umfassen:

  • Vor- und Nachname
  • Doktortitel (falls vorhanden)
  • Wohnanschrift

Aber: Sie dürfen diese Daten nur für Wahlwerbung nutzen und müssen sie spätestens einen Monat nach der Wahl wieder löschen. Außerdem dürfen sie keine weiteren Merkmale wie Geschlecht oder Religionszugehörigkeit erfassen.

Daten von Adresshändlern

Parteien können Adressen auch von Unternehmen kaufen, die Adressdaten zu Werbezwecken sammeln und verkaufen. Diese Praxis stützen sie auf ein „berechtigtes Interesse“ gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO.

Hier gilt:

Ich habe das Recht, eine Auskunft darüber zu verlangen, woher die Partei meine Daten hat.

Ich kann jederzeit Widerspruch gegen die Nutzung meiner Daten einlegen (Art. 21 DSGVO).

Ist das überhaupt erlaubt? Ja – aber mit Grenzen

Adressierte Wahlwerbung ist rechtlich zulässig, solange sich Parteien an die gesetzlichen Vorgaben halten. Datenschutzrechtlich wird Wahlwerbung als wichtig für die politische Meinungsbildung und den demokratischen Prozess angesehen. Dennoch gibt es klare Grenzen:

Parteien dürfen meine Daten nur für Wahlwerbung nutzen, nicht für andere politische Aktivitäten oder gar den Verkauf an Dritte.

Eine Weitergabe meiner Daten an andere Organisationen ist unzulässig.

Nach der Wahl müssen meine Daten gelöscht werden.

Wie kann ich mich gegen Wahlwerbung wehren?

Ich habe zwei Möglichkeiten, wenn ich keine adressierte Wahlwerbung mehr erhalten möchte:

Übermittlungssperre beim Melderegister beantragen

Ich kann bei meiner Stadt oder Gemeinde eine Übermittlungssperre nach § 50 Abs. 5 BMG einrichten lassen. Diese Sperre gilt dauerhaft – neue oder kleine Parteien können dann ebenfalls nicht auf meine Daten zugreifen. Die Meldebehörde muss mich jährlich über dieses Recht informieren.

Widerspruch gegen die Nutzung meiner Daten durch Parteien oder Adresshändler

Falls meine Adresse aus anderen Quellen stammt, kann ich direkt bei der Partei Widerspruch einlegen (Art. 21 DSGVO).

Dann dürfen meine Daten nicht mehr für Wahlwerbung genutzt werden.

Falls ich nicht weiß, woher eine Partei meine Daten hat, kann ich eine Datenauskunft nach Art. 15 DSGVO anfordern.

Postwurfsendungen: Datenschutzrechtlich kein Problem

Neben adressierter Wahlwerbung finde ich auch immer wieder unpersonalisierte Flyer im Briefkasten. Hier gibt es einen entscheidenden Unterschied:

Unadressierte Wahlwerbung fällt nicht unter das Datenschutzrecht.

Wenn ich das vermeiden möchte, hilft nur ein „Bitte keine Werbung“-Aufkleber am Briefkasten.

Wahlwerbung per Telefon, E-Mail oder Social Media – was ist erlaubt?

Telefonische Wahlwerbung

Wahlwerbeanrufe sind in Deutschland streng reguliert. Ohne meine vorherige ausdrückliche Einwilligung darf mich keine Partei anrufen. Ein solcher Anruf wäre rechtswidrig (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG).

Wahlwerbung per E-Mail

Auch hier gilt: Parteien dürfen mir nur dann Wahlwerbung per E-Mail senden, wenn ich vorher ausdrücklich eingewilligt habe (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG).

Social Media & Microtargeting

Bei Social Media wird es komplizierter. Allgemeine Wahlwerbung (z. B. gesponserte Beiträge auf Facebook oder Instagram) ist grundsätzlich erlaubt. Problematisch wird es, wenn Parteien gezielt auf Basis von Nutzerprofilen Werbung schalten.

Warum?

Politische Meinungen gehören zu den besonders schützenswerten Daten (Art. 9 DSGVO).

Die Verarbeitung solcher Daten ist ohne meine ausdrückliche Einwilligung verboten.

Schon 2021 gab es Beschwerden gegen Parteien, die gezielt Microtargeting auf Facebook genutzt haben.

Hier bleibt spannend, wie die Datenschutzbehörden zur Bundestagswahl 2025 mit dem Thema umgehen werden.

Lange Rede kurzer Sinn:

Wahlwerbung ist legal – aber nicht grenzenlos

Parteien dürfen Wahlwerbung betreiben, aber nur unter bestimmten Bedingungen:

  • Adressierte Wahlwerbung ist erlaubt, aber ich kann mich dagegen wehren.
  • Ich kann Widerspruch einlegen oder eine Übermittlungssperre beantragen.
  • Telefon- und E-Mail-Wahlwerbung sind nur mit meiner Einwilligung zulässig.
  • Social Media bleibt ein kritisches Feld, insbesondere bei personalisierter Werbung.

Falls ich keine Wahlwerbung möchte, kann ich mit einer Übermittlungssperre verhindern, dass meine Daten überhaupt erhoben werden. Falls mich trotzdem eine Partei anschreibt, lohnt sich ein Blick auf die Datenquelle – und ein möglicher Widerspruch.

Ich bin gespannt, wie sich die Datenschutzdiskussion zur Bundestagswahl 2025 entwickelt – und ob sich die Parteien an die Regeln halten.

​Sebastian Geidel

Rechtsanwalt

Fachanwalt für IT-Recht